Schreiben

Schnittbild

Anna Felnhofer

Silvester 2016. Fabjan sitzt mit seiner Leica am Fenster. Er blickt auf die vergangenen Monate zurück, in denen er mit einer Frau in ein Spiel geraten ist. Mit jedem Treffen wird er abhängiger von ihr, bis er am Ende überzeugt ist, nicht mehr ohne sie zu können. Frühling 1981. Ein fünfzehnjähriges Mädchen wird in die Psychiatrie eingewiesen, nachdem es versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Es vertraut sich einer Psychologin an. Aber ausgerechnet diese Person erweist sich als Falle für die junge Patientin. Sommer 2004. Erik ist zum ersten Mal, seit vor sieben Jahren seine Frau im Urlaub an der Adria verschwunden ist, auf dem Weg in eine Auszeit in den Kitzbüheler Alpen. Doch dieser Aufenthalt wird zu einer Belastungsprobe. Herbst 2017. Eine Frau kann seit fünf Nächten nicht mehr schlafen. Sie wird verfolgt und sie weiß, dass es ihre früheren Fehltritte sind, die sie in diesem Herbst einholen.

Anna Felnhofer erzählt in ihrem Prosadebüt Schnittbild mit großem Sprachgefühl von Begegnungen zwischen jeweils zwei Menschen, deren augenscheinlichste Gemeinsamkeit der Kontakt zu einer Frau ist, die als Therapeutin mit den Protagonisten in Berührung kommt. Sie ist es gewöhnt, eine Rolle zu spielen, und sie ist eine Meisterin darin; die vier Episoden setzen dort an, wo die Rolle der Therapeutin brüchig wird und wo Sprünge in einer sorgfältig komponierten Fassade allmählich ihr wahres Gesicht freilegen.

Schnittbild

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erschienen am 16.09.2020
Broschiert, 21,1 x 29,7 x 1,376, 232 Seiten
ISBN 978-3-621-28780-7
€ 44,95
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Rezensionen

Mit Anna Felnhofer, geboren 1984 in Wien, betritt eine Autorin die Bühne der Literatur, die eine neue Kühnheit mitbringt. Sie ist eine singuläre Erscheinung, und das bedeutet eine eigene Qualität des Schreibens. Sie stand auf der Shortlist für den Debütpreis des Österreichischen Buchpreises, ihre Besonderheit wurde bemerkt.
Anton Thuswaldner, Die Furche


Eine wissenschaftliche Psychologin schreibt einen Roman psychologischen Inhalts: mit solch literarischer Sprachmacht, dass sich die spontane und dumme Frage auftut, wozu sie ihre Wissenschaft braucht, wenn sie psychische Zustände mit poetischen Mitteln derart eindringlich, kompetent und mitreißend beschreiben kann.
Helmut Gollner, Literatur und Kritik


In ihrem mit altmeisterlicher Souveränität komponierten Episodenroman beleuchtet Anna Felnhofer ein Panorama wechselseitiger Abhängigkeiten und Grenzüberschreitungen sowie die Fragwürdigkeit der Begriffe Therapie und Heilung. Bei aller Klugheit der Analyse beeindruckt vor allem Felnhofers Sympathie für Lebensbahnen, die aus der Spur geraten sind. Schnittbild beschreibt Menschen in existentiellen Krisen, ohne zu urteilen oder zu verurteilen, der Roman stellt Fragen und bleibt die Antworten auf reizvolle Weise schuldig.
Jurybegründung, Österreichischer Buchpreis Debüt 2021


In Anna Felnhofers Debütroman “Schnittbild” werden diagnostische Verfahren in eine poetische Sprache übersetzt. Auf der Suche nach einer Wirklichkeit, die nie als eindeutige zu haben ist, beschreibt der Roman ohne zu urteilen und verbindet auf faszinierende Weise Analyse und Verständnis für Lebensläufe, die aus der Spur geraten sind.
Daniela Strigl, Laudatio zum Franz-Tumler-Literaturpreis


Durch das Buch zieht sich somit die rege variierte Frage, was einen am Leben hält, was nicht. Es zeigt die Spuren und Verletzungen, die Ereignisse in einem Menschen hinterlassen können, und fragt nach der „Störung im Bild“, das wir von uns haben. Schnittbild – so ein aufregender saut dans le vide.
Senta Wagner, morehotlist


Ziemlich veritabel organisiert Anna Felnhofer ihren Roman mithilfe ausgefeilter Sprache und eindringlichen Bildern. Stichworte zum Titel „Schnittbild“ sind Bild-Schnitt, Schnitte im Bild, Bilder in Schnitten, Schnitt-Flächen – als Adjektive drängen sie sich eckig und scharf auf, spitz, zerbrochen, verletzt. Sie richten sich auf Sinne und Wahrnehmung. Die Autorin ist gelernte Psychologin und sie steckt ihre Leidenschaft und ihr Wissen in das Buch.
Claudia Theiner, Dolomiten


Spürbar eingeflossen in dieses außergewöhnliche Debüt wider das genormte Leben ist das Menschenwissen der österreichischen Autorin (Jahrgang 1984), einer promovierten Wissenschaftlerin und Klinischen Psychologin an der MedUni Wien, die subversiv sprachschön die Innen- und Außensicht auf psychische Grenzwanderungen einformt, die bedrängend dicht psychologische Tastgänge literarisiert. Für anspruchsvolle Literaturbestände.
Heidrun Küster, ekz.bibliotheksservice


Ein komplexer Text mit Wiedererkennungswert, kippenden Figuren, wortreicher Schärfe und doch pendelnd in geheimnisvoller Schwebe. Ob sich im Sucher Trugbilder oder doch Schnittbilder zeigen, die sich zu einem Bild zusammenfügen? Die Poesie des Ungewissen spiegelt sich in der pastellfarbenen Covergestaltung. Anna Felnhofer, selbst Psychologin, knüpft ein cleveres Netz zwischen Beziehungen und Motiven. Sie tritt mit einem Manifest der Sinne auf Einladung von Jurorin Daniela Strigl beim Tumler-Preis an.
Maria Raffeiner, Vinschgerwind


Doch gerade das ist die große Stärke von Schnittbild. Anna Felnhofer ist mit ihrem Debüt ein Roman gelungen, der sich Zeit für seine Figuren nimmt, sie nicht zu einer einfachen Antwort zwingt, sondern ihnen Fragen stellt und sie erzählen lässt. Es lohnt sich zuzuhören.
Florian Dietmaier, Literaturhaus Wien